Diese Reise ist eine wirklich große Herausforderung für mich. Da mir mein linkes Knie (und auch das rechte, aber nicht so schlimm) Probleme gemacht hat, musste ich einige Maßnahmen ergreifen, um die Lage zu verbessern.
Ich bin den ganzen letzten Sonntag in Pamplona geblieben und habe mich weiter auskuriert. (Es war auch ein sehr schöner Tag und ich bereue nichts! Dazu gleich mehr.) Außerdem habe ich mir Kniebandagen gekauft, einige Voltaren Tabletten genommen und 1 Kilo meiner Sachen zurück nach Deutschland geschickt. Das fiel mir schwer, aber letztlich waren es Luxusgüter (wie ein Föhn oder ein Schlafshirt) und es schont die Gelenke, wenn man weniger trägt. Am Montagmorgen waren meine Schmerzen so gut wie weg und es ging weiter nach Zaraquiegui. Ich habe auch meine Laufstrategie geändert und laufe jetzt seeehr langsam und nur etwa 12 km am Tag. Ich mache viele Pausen und dehne mich auch viel und komme so ganz gut durch. Die Schmerzen sind trotzdem wiedergekommen, aber nicht mehr so heftig und ich glaube, wenn ich diese Strategie weiter fahre, gewöhnen sich meine Knie schon an die Belastung. Vielleicht bedeutet das, dass ich es nicht ganz bis nach Finisterre schaffe, weil ich so langsam bin. Ich bin zeitlich an meinen Rückflug nach Deutschland am 30.11. gebunden und kann deswegen nichts schieben. Aber nach Santiago werde ich es schon schaffen und es fahren auch Busse nach Finisterre, sodass ich notfalls einen Tagesausflug mit dem Bus dahin machen kann. Naja, es wird sich schon alles ergeben. Jetzt konzentriere ich mich erstmal auf jeden Schritt, der unmittelbar vor mir liegt und bin vorsichtig mit mir selbst.
Da ich praktisch 2 volle Tage in Pamplona war, konnte ich einiges von der Stadt sehen. Es ist eine recht große und sehr lebendige Stadt. Am ersten Tag traf ich einige Leute in meiner Herberge wieder, die ich die letzten Tage kennengelernt hatte. Es war schön, die ganzen vertrauen Gesichter wiederzusehen. An Wochenenden findet nachts in den Straßen von Pamplona ein unglaubliches Sauf- und Fressgelage statt, das als "botellón" bezeichnet wird. Spätabends bin ich noch mit einem Bekannten aus der Herberge dahin gegangen und wir haben Bier getrunken und auf französisch gesprochen, weil er Franzose ist und nicht so gut englisch kann. Ich war selbst überrascht, wie gut ich das kann. Am nächsten Morgen sind alle meine Bekannten weitergezogen und ich sehe sie wahrscheinlich nicht mehr, weil ich viel langsamer als sie vorankomme :( Aber man soll ja niemals nie sagen... Ich bin dann in eine andere Herberge umgezogen, weil die laut meines Reiseführers sehr gut sein sollte und zudem billiger war. Und diese Herberge war traumhaft! Sie heißt Casa Paderborn und wird von deutschen Hospitaleros (Ehrenamtliche) geleitet. Es ist eine eher kleine Herberge, sehr sauber und top ausgestattet. Dort habe ich sehr viel mit den 2 supernetten Hospitaleros gesprochen und viele wertvolle Tipps bekommen. Es kamen kaum weitere Besucher, was mich sehr wundert, also war alles sehr "familiär" dort. Auch Steve aus den USA war da (mit dem ich das Zauntor-Debakel erlebt habe). Abends ist einer der Hospitaleros mit Steve und mir zur Kathedrale in Pamplona gegangen, um an einer katholischen Messe teilzunehmen. Auch wenn ich mich nicht wirklich mit dem Katholizismus identifiziete, war ein sehr bewegendes Ereignis für mich. Beim Aufbruch der Pilger am Montagmorgen wurden wir sogar noch richtig von den Hospitaleros gesegnet und verabschiedet. Die Herberge wird mir fehlen.
Ich bin also am Montag etwa 12 km nach Zaraquiegui gelaufen. Ein paar Kilometer vor dem Ziel, als meine Knie schon fühlbar gestreikt hatten, kam ein Deutscher namens Nicolai an mir vorbei und wir kamen ins Gespräch. Er trug meinen Rucksack für mich bis zum Ziel - ein Engel muss ihn geschickt haben. Wir haben uns sehr gut verstanden und er hatte dann beschlossen, auch in Zaraquiegui zu bleiben. So verbrachten wir dann den ganzen Tag miteinander und unterhielten uns über Gott und die Welt. Am Abend gönnten wir uns ein Pilgermenü und speisten, wie die Könige. Das ist großartig, wenn man sich sonst nur von trockenem Brot und kalten Dosenravioli, -linsen oder -bohnen ernährt (ich muss eben sparsam sein und esse nie in Restaurants). Auf einmal stelle ich fest, dass auch warmes Essen und Getränke Luxus sind. Aber dass man eben auch darauf verzichten kann. Heute morgen bin ich gemeinsam mit Nicolai aufgebrochen und er hat meinen Rucksack wieder gut 5 km für mich getragen. Der Wahnsinn. Und sehr hilfreich, weil es steinig bergab ging, was meine Knie ja besonders doof finden. Nach einer Rast trennten sich dann unsere Wege, weil er einfach viel fitter und schneller ist als ich und ich ihn nicht mehr aufhalten wollte. Schade, aber so ist es auf dem Camino nun einmal. Jeder geht seinen eigenen Weg.
Heute bin ich bis Puente la Reina gelaufen und ruhe wieder viel aus. Mal sehen, wie weit ich es morgen schaffe.
Fotos:
1. Aussichtspunkt in Pamplona
2. Die Kathedrale am Ende der Gasse (so groß dass man sie nicht auf 1 Foto bekommt)
3. Kathedrale innen
4-5. Unterwegs!