Seit gestern bin ich wieder in Chiang Mai (ich entwickele wegen dem Klima, der Luft und der Moskitoplage langsam einen Hass auf diese Stadt) und morgen fahre ich endlich ins Kloster. Ich werde dann für 2 Wochen komplett abgeschnitten von der Zivilisation sein und verabschiede mich mit diesem extra langen Blog-Eintrag schonmal offiziell. Bevor es ins Kloster geht, muss ich hier in der Stadt noch ein paar Dinge erledigen - und ganz wichtig: Eine Pizza essen. Das ist viel teurer als ein Thai-Gericht, aber ich muss mir das jetzt einfach gönnen. Seit Wochen esse ich nur Reis oder Reisnudeln mit irgendeinem Matsch drauf und ich vermisse das westliche Essen immer mehr. Auf der Mindful Farm war das Essen immer vegan und meist köstlich, aber auch da war immer Reis in jedem Gericht mit drin. Ich brauche was Ungesundes :D
Meine letzten Tage auf der Mindful Farm waren sehr schön. Nachdem mir Pi Nan das Sport-und-Chill-Programm verordnet hat, habe ich 2 Tage wirklich viel ausgeruht und irgendwie war es mir schon zu entspannt. Ich habe angefangen, mich zu langweilen. Am dritten Tag hat Pi Nan mich und einige weitere Volunteers in die Ladefläche seines Pick-Ups geladen und zum matschigen See hinter dem Damm gefahren. Dort waren wir eine Runde schwimmen und hatten viel Spaß. Das Ufer war aber von spitzen Steinen übersät und ich habe mir leider, als ich ins Wasser gegangen bin, die Unterseite des rechten Fußes aufgeschlitzt. Es haben sich auch einige andere an den Steinen verletzt, aber keiner so schlimm wie ich. Es hat dazu geführt, dass ich die restlichen Tage auf der Farm humpeln musste und das Sportprogramm, das hauptsächlich aus Joggen bestand, sich für mich komplett erledigt hat. Auch Yoga war nur sehr eingeschränkt möglich. Das war sehr schade, aber ich behalte Pi Nans Rat auf jeden Fall im Herzen und möchte dieses Programm definitiv in Deutschland weiterführen. Der Schnitt war an sich nicht so tief, aber so unglaublich ungünstig quer an meinem Fuß gelegen, dass die Wunde jedesmal wieder aufgerissen ist, wenn ich den Fuß nur ein bisschen gestreckt habe. Mittlerweile ist die Wunde endlich zu und ich kann wieder normal laufen, aber ich bin weiterhin sehr vorsichtig. Seit dieser Verletzung jedenfalls wurde es mir definitiv zu langweilig, weil ich keinen Sport mehr machen konnte und ich habe wieder angefangen, zu arbeiten. Am Tag nach der Verletzung wurde ich darum gebeten, das Kunstprojekt der Dorfschule mit den Kindern fortzusetzen und das habe ich natürlich gerne gemacht. Ein Dorfbewohner wurde beauftragt, mich auf seinem Motorroller hin- und später wieder zurückzufahren, weil es zur Schule ja 20 Minuten laufen sind und die Leute mich die Strecke nicht humpeln lassen wollten. Allgemein waren alle sehr lieb und zuvorkommend zu mir und fragten mich ständig, wie es meinem Fuß geht. In der Schule hat sich herausgestellt, dass wir das Kunstprojekt nicht fortsetzen, sondern komplett von vorne durchführen mussten, weil jemand das Bild an der Außenwand der Schule für eine willkürliche Schmiererei von den Kindern gehalten hat und komplett in weiß übermalt hat :D Das fand ich einerseits traurig, weil es zeigt, wie wenig Ahnung die Leute von ästhetischer Bildung haben. Sie halten nur genormte, geleckt saubere und "hübsche" Bilder für Kunst und tolerieren keine individuelle Ausdrucksfreiheit. Andererseits fand ich das irgendwie auch echt lustig. Jedenfalls lief das Projekt diesmal besser, weil wir die "bösen" Farben weggelassen und nur Acrylfarben benutzt haben. Es waren auch mehr Kinder da, als letztes Mal und deswegen haben wir recht schnell das Bild an der Außenwand fertig bekommen und hatten dann sogar noch genug Zeit, eine Innenwand fertig zu bemalen. Das ganze war wegen der vielen Kinder auch ziemlich chaotisch und schwer zu überblicken, einige Dinge sind aus dem Ruder gelaufen, aber da muss man eben etwas Frustrationstoleranz haben :D Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass die Bilder nicht wieder weiß übermalt werden. Damit sie etwas "Erwachsenen-verträglicher" werden, habe ich mich später und an den folgenden Tagen viele Stunden der Überarbeitung der Bilder gewidmet. Ich wurde darum gebeten. Hauptsächlich ging es darum, alle Flächen ausgefüllter und sauberer aussehen zu lassen, die Linien klarer zu machen usw.. Wenn es nach mir und den Kindern ginge, hätten wir alles so gelassen, aber ich wollte auch nicht, dass alle Erwachsenen skeptisch die Miene verziehen, wenn sie die Bilder sehen. Daher habe ich das für die Erwachsenen gemacht, damit sie sich einen Keks freuen. Als ich mit dem Überarbeiten fertig war, hat es mich mit großer Zufriedenheit erfüllt. Ich hatte das ganze Ergebnis des Projekts vor Augen, welches ich selber organisiert, mit den Kindern durchgeführt und überarbeitet habe. Es war einfach eine runde Sache.
Jedesmal, wenn ich zum Arbeiten zur Schule wollte, wurde ich wieder von einem Dorfbewohner gefahren. Ich habe in meiner Zeit auf der Farm viele Dorfbewohner kennengelernt und irgendwie wurden wir uns vertraut, auch wenn die meisten von ihnen gar kein oder nur ganz gebrochenes Englisch sprachen. Die liebe Restaurantköchin, mit der ich öfter mit Händen und Füßen geredet habe, hat mir zum Abschied ein bisschen Kräutersalbe gegen Muskelschmerzen in ein Papierchen gewickelt und geschenkt, weil sie dachte, ich hätte mir den Fuß verstaucht und nicht aufgeschnitten. Ich fand das unheimlich rührend und wir haben uns herzlich unarmt. Dieses vertraute, freundschaftliche Verhältnis zu den Dorfbewohnern wird mir fehlen. Sonst bin ich ja überall immer nur die Fremde. Naja, das Leben bzw. Reisen muss weitergehen.
Ich wollte unbedingt in dieses buddhistische Kloster, schon seit mir ein junger Mann auf dem Jakobsweg davon erzählt hat. Dass ich komplett abgeschnitten von der Zivilisation sein werde, klingt vielleicht etwas zu hart. Ich werde ja in einem Meditationszentrum (oder Kloster, wenn man so will) neben einem Tempel leben, der extrem berühmt ist und von sehr vielen Touristen besucht wird. Das heißt, ich werde immer irgendwie umgeben von Menschen sein. Der Tempel heißt Doi Suthep, liegt auf einem Berg neben Chiang Mai und zählt zu den wichtigsten Tempeln Thailands.
Ich werde trotzdem irgendwie abgeschnitten von der Menscheit sein. Es gibt dort nämlich kein WLAN und selbst wenn es das gäbe, wäre es wahrscheinlich verboten, es zu benutzen. In dem Kloster herrschen nämlich sehr viele recht strenge Regeln. Reden und gar Augenkontakt mit anderen sind komplett verboten. Es soll nämlich ein Gefühl der Isolation entstehen. Alle müssen komplett in weiß gekleidet sein (Ich habe mir Kleidung in Chiang Mai besorgt). Musik hören, lesen, schreiben, daddeln oder sonstige Aktivitäten, ich glaube sogar Sport sind verboten. Es soll jeden Tag etwa 10 Stunden meditiert werden und mit den Regeln wird unterstützt, dass man dem Geist kein Futter gibt, sich abzulenken oder abzudriften. Es sind also alles nur gutgemeinte Regeln, damit man möglichst viel vom Aufenthalt im Kloster hat. Ich kann mit allem gut leben, bis auf 2 Regeln: Kein schreiben und kein Sport. Schreiben ist sehr wichtig für mich, ich habe mein ganzes Leben immer sehr viel geschrieben, weil es mir hilft, meine Gedanken zu ordnen und abzulegen. Und ich kann mir nicht vorstellen, 10 Stunden ab Tag nur zu sitzen oder langsam zu gehen, ohne einen körperlichen Ausgleich zu haben. Aus diesen Gründen werde ich vielleicht heimlich in meinem Zimmer schreiben und Yoga machen. Ich denke, das ist ok, weil es für mich Sinn macht.
Es gibt laut der Internetseite des Klosters ( http://www.fivethousandyears.org/ ) einen genauen Tagesplan, den ich hier mal wiedergeben werde:
5.00 Uhr morgens: Aufstehen (sich für morgendliches Gespräch über den Buddhismus vorbereiten)
5.30 Uhr: Gespräch in der Gruppe
7.00 Uhr: Frühstück in der Gruppe
8.00 Uhr: Individuelle Morgen-Meditation
11.00 Uhr: Mittagessen in der Gruppe
12.00 Uhr: Individuelle Nachmittags-Meditation
14.00 Uhr: Berichterstattung der Meditationserfahrungen zum Lehrer (individuell)
18.00 Uhr: Abendgesang in der Gruppe
19.00 Uhr: Individuelle Abend-Meditation
21.00 Uhr: Schlafen
Es könnte eine harte Erfahrung werden. Es wird wahrscheinlich Momente geben, in denen ich frustriert bin und aufgeben möchte. Aber ich möchte diese Herausforderung annehmen und es wirklich ernsthaft durchziehen. Ich erhoffe mir nämlich, dass es auch eine sehr lehrreiche, gute und heilsame Erfahrung wird. Ich habe mich entschieden, in dieses Kloster zu gehen, weil ich wirklich gerne lernen will, richtig zu meditieren. Ich habe es in meinem Leben oft versucht und bin immer dran gescheitert. Dabei weiß ich sehr gut um die positiven Effekte des Meditierens und ich kenne eine Menge Theorie. Nur die Praxis fiel mir immer unheimlich schwer. Ich hoffe, dort in dem Kloster einen kleinen Durchbruch zu haben und das Meditieren wirklich (nicht mit dem Kopf, sondern mit dem Herzen) zu durchdringen und zu verinnerlichen. Ich freue mich auf die Zeit im Kloster, und auch wenn sie vielleicht nicht immer rosig sein wird, wird sie bestimmt eine Bereicherung für mich sein. Am 14.04. werde ich wieder "entlassen" und fahre dann direkt weiter nach Laos, weil mein Visum für Thailand an dem Tag ausläuft. Ich melde dann mich wieder, sobald ich Zeit finde.
Auf Wiedersehen, Zivilisation!
Fotos:
Bitte schaut euch auch die Fotos in den letzten 2 Einträgen an, sie konnten jetzt endlich hochgeladen werden.