Ich bin jetzt schon seit ein paar Tagen auf der Farm irgendwo im Nirgendwo etwa 75 km außerhalb von Chiang Mai und habe gemischte Gefühle. Die positiven Punkte sind, dass es ein wirklich schöner Ort ist, ich wieder umgeben von reinster Natur bin, die Gemeinschaft an Volunteers toll ist (wir sind zur Zeit 20) und der Chef ein extrem netter und weiser Mann ist. Sein Name ist Pi Nan und er war früher ein buddhistischer Mönch, heute leitet er zusammen mit seiner Frau die Farm und versucht, große Visionen über die Verbesserung der Welt zu verwirklichen. Der eine große und sehr negative Punkt ist die Arbeit. An sich ist Farmarbeit ja schön, aber nicht bei 3 Stunden in der thailändischen Mittagssonne. Das macht mich jedes mal so fertig, als ob ich 8 Stunden gearbeitet hätte. Und nachmittags wird auch nochmal 1 bis 2 Stunden gearbeitet, obwohl offiziell 3 Stunden Arbeit vereinbart sind (und ich will nicht der einzige Arsch sein, der sich aus Prinzip weigert). Schließlich bekommen wir hier nur die Unterkunft und nicht das Essen umsonst. Die Arbeit ist die Unterkunft, die bei mir aus einer offenen Lehmhütte mit einer natürlich steinharten Matratze besteht, also nicht wert. Andererseits hat die Unterkunft tierischen Charme (inkl. Käferchen, die überall rumkriechen) und ich schlafe gerne dort. Genauso wie der ganze Ort eine Magie ausstrahlt. Die Farm trägt den Namen "Mindful Farm" und der Name ist Programm. Pi Nan legt Wert darauf, dass alles möglichst achtsam getan wird, dass eine ruhige Atmosphäre herrscht, dass wir über den Buddhismus lernen und inneren Frieden finden. Zum Tagesprogramm gehören Yoga-Kurse, Meditationen, Gespräche über den Buddhismus und extrem gesunde Mahlzeiten. Wir nehmen sehr viel Essen direkt aus der Farm und alles ist vegan. Alles ist hier sehr naturnah überwiegend aus Lehm gebaut, die Toiletten sind schlichtweg Löcher im Boden (was ich schon gewohnt bin) und in der Küche wird über Feuerstellen gekocht, für welche Holz gesammelt werden muss usw.. Es ist alles wirklich das Gegenteil von Luxus. Aber genau das finde ich so schön. In Chiang Mai habe ich mich wieder nicht so wohl gefühlt, weil es eben so städtisch und laut ist. Zusätzlich herrscht da zur Zeit ein unerträgliches Klima und die Luftverschmutzung ist extrem. Diese Zeit wird "Smokey Season" genannt, weil überall im Norden Thailands abgeerntete Reisfelder verbrannt werden und sich der Rauch wunderbar im Tal, in dem Chiang Mai liegt, sammelt und sich mit dem ohnehin schon vorhandenem Smog vermischt. Ergebnis: Es ist viel heißer als auf dem Land und die Luft lässt sich kaum atmen. Es ist eine große Erleichterung gewesen, auf die Farm zu kommen. Hier ist das Klima von 19 Uhr bis 9 Uhr morgens erträglich, auch wenn der Rauch auch hier sichtbar ist. Jedenfalls habe ich trotzdem irgendwie versucht, das beste aus meiner Zeit in Chiang Mai zu machen. Ich habe mich viel auf Märkten rumgetrieben, mein Visum verlängert (ein elender Behördengang, der viele Stunden in Anspruch genommen hat) und an einem Tag einen Ausflug auf dem Motorroller mit einem Freund aus meinem Hostel gemacht (ich auf dem Rücksitz). Das war ein großartiger Tag, wir sind hoch in die Berge gefahren, die Teil eines Nationalparks sind und haben abgelegene, kleine Orte besucht: Aussichtspunkte, einen Tempel, zwei Dörfer und zwei ausgetrocknete Wasserfälle. Ich habe noch Eintritt bezahlt, um einen berühmten Palast zu sehen, aber aus irgendeinem Grund war dieser dann verschlossen und man konnte nur die Gärten außenrum bestaunen, was sich aber auch schon gelohnt hat. Am besten war aber einfach das Fahren auf dem Roller, denn die Luft war so schön frisch und kühl. Als wir wieder in Chiang Mai reingefahren sind, war es so, als würden wir mit jedem Meter mehr und mehr in eine ekelhafte Suppe eintauchen. Naja, auch eine Erfahrung. Ich habe noch etwas anderes sehr schönes erlebt: An meinem letzten Abend in Chiang Mai habe ich den Nachtmarkt besucht und einer Gruppe von Straßenmusikern zugesehen, die auf einem bekannten Platz standen. Ich fand deren Musik ziemlich gut und war die einzige, die für die Leute stehengeblieben ist. Nach 2 Liedern wurde ich dann von einem der Musiker eingeladen, mich Ihnen anzuschließen. So habe ich dann einen Schellenring bekommen und 1 Stunde lang mit ihnen musiziert. Das hat wahnsinnigen Spaß gemacht. Mit der Zeit sind immer mehr Leute bei uns stehengeblieben, am Höhepunkt waren es vielleicht um die 40. Dann war ich schon ziemlich verlegen, weiter zu spielen, aber ich habe es trotzdem gemacht. Das war eine sehr gute Erfahrung. Die thailändischen Leute sind so nett, das ist wirklich erfrischend. Und es sind zutiefst friedliche und höfliche Leute. Das muss an ihren kulturellen Regeln, aber auch an ihrer buddhistischen Haltung liegen. Ich habe nicht einmal eine Gruppe von Assis oder einen aggressiven Menschen gesehen. Zudem sind die Thailänder extrem fleißige Leute und leisten täglich teils schwere Arbeit in der sengenden Hitze und dafür bewundere ich sie. Man merkt an vielen Punkten, dass es eine ganz andere Kultur ist, als in Deutschland. Das verwundert aber auch wenig, da das hier am anderen Ende der Welt ist.
Ich arbeite jetzt also erstmal weiter auf der Farm. Die Tage vergehen schnell, da sie sehr stark durchstrukturiert sind und es irgendwie wenig Freiraum gibt. Ich werde beobachten, ob ich mich hier wirklich wohl fühle oder mich doch eher quäle. Gerade sind meine Gefühle, wie gesagt, gemischt. Ich hätte gerne mehr Zeit für mich und weniger bzw. eine leichtere Arbeit. Also, ich beobachte meine Gefühle und bleibe vielleicht nicht bis Ende des Monats.
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