Donnerstag, 24. März 2016

Mindful Farm, die Zweite

Ich habe mich entschieden, bis zum Ende des Monats auf der Mindful Farm zu bleiben, denn mit der Zeit hat es mir hier immer besser gefallen. Auch wenn die Arbeit sehr hart war, war sie doch ein ganz besonderes Erlebnis für mich. Seit heute muss ich nicht mehr arbeiten, aber zu den Gründen komme ich später. In den ersten Tagen habe ich in den Gärten direkt auf der Farm gearbeitet, d. h. Unkraut gejätet, Pflänzchen gepflanzt und Dinge geschleppt. An den folgenden Tagen wurde ich zusammen mit ein paar anderen Volunteers zu benachbarten Feldern geschickt, um den Einheimischen einmal beim Bohnen und Erdnüsse pflanzen und das andere mal bei der Knoblauchernte zu helfen. Das war für mich besonders spannend, weil wir ganz eng mit den einheimischen Farmern zusammengearbeitet haben. Sie mussten uns mit Händen und Füßen erklären, was wir zu tun haben und irgendwie hat man sich verständigt. Die Leute waren sehr freundlich und dankbar und ein Mann hat mir was von seinem Proviant abgegeben, ein komisches grünes und extrem bitteres Kraut. Er hat mir danach auch einen Joint angeboten, aber den habe ich abgelehnt. Joints zu rauchen scheint etwas ganz natürliches für die Farmer zu sein, ich habe viele rauchen sehen. Außerdem hörten sie beim Arbeiten eine Art thailändische Volksmusik und redeten und lachten viel. Die Arbeitsatmosphäre war entspannt und heiter. Näher dran sein an einer Kultur kann man nicht, genau das fand ich so großartig an der Arbeit. Nach diesen Jobs wurde ich an einem Tag in die Dorfschule geschickt, um mit den Kindern ein kunstpädagogisches Projekt durchzuführen. Sie haben unter meiner Aufsicht (und nicht Anleitung) die Außenwand der Schule bemalt und es hat sich herausgestellt, dass dies wegen den Farben ein kleines Desaster war, weil sie extrem klebrig und hartnäckig und für Kinder absolut untauglich waren. Aber ich konnte ja nicht auf den Dosen lesen, was das für Farben waren und andere gab es nicht... das Bild an der Wand ist zwar zustande gekommen, aber ich will nicht wissen, wie sauer die Eltern waren, dass die Kleidung ihrer Kinder hinüber und deren Haut praktisch wie tätowiert war. Die Farbe kann man nämlich nicht von der Haut abwaschen, es dauert Tage bis sie allmählich von selbst runtergeht. Ich selbst war am schlimmsten mit Farbe beschmiert, ich weiß wovon ich spreche. Naja, ich habe jedenfalls versucht das beste aus dem Projekt mit den mir gegebenen Mitteln zu machen. An den folgenden 3 Tagen wurde ich beauftragt, die Wand im inneren des Restaurants im Dorf zu bemalen, welches auch Pi Nan gehört. Zu dem kleinen Dorf muss man etwa 20 Minuten von der Farm aus laufen und die Bewohner haben mich teils schon von den anderen Arbeiten her gekannt. Es war sehr schön, von ihnen auf dem Weg immer angelächelt und gegrüßt zu werden und einer der Farmer hat mich einmal sogar extra mit seinem Motorroller zum Restaurant rübergefahren. Ich werde hier gekannt und gewertschätzt und das ist unbezahlbar. Ich habe die Arbeit im Restaurant gemocht, sie war leicht UND im Schatten. Ich hatte nicht vor, meine Arbeit niederzulegen, aber gestern nachmittag hatte ich ein persönliches Gespräch mit Pi Nan und er hat mir letztlich dazu geraten, nicht mehr zu arbeiten. Obwohl ich gar nicht darauf hinaus wollte, aber er meinte das sei gerade das beste für mich und ich vertraue dem Urteilsvermögen dieses Mannes. Worum es in dem Gespräch ging, will ich an dieser Stelle nicht erwähnen, es ist zu persönlich. Jedenfanfalls habe ich jetzt offiziell die Lizenz zum Chillen und Nichtstun und zwei andere Volunteers werden das Bild im Restaurant für mich fertig malen. Pi Nan hat mir ein spezielles Sportprogramm verordnet, welches ich jeden Morgen um halb 7 durchführen muss (und auch möchte). Später darf ich mich in Meditation und Yoga üben, so viel ich will und ich darf auch immer noch hier und da auf der Farm helfen, wenn ich das will. Wenn ich müde bin, soll ich einfach schlafen, egal wann und egal wie viel, und wenn ich chillen will, dann chille ich. Ich finde diese Anordnung ziemlich krass, es erfüllt mich mit Dankbarkeit und ich bin beeindruckt von der Weisheit und Großherzigkeit von Pi Nan. Dieser Mensch inspiriert mich. Ich fühle mich etwas schlecht dabei, alle Verantwortung abzugeben und mich praktisch von den anderen bedienen zu lassen, aber ich versuche es anzunehmen. Pi Nan ist auch der Meinung, dass ich mich so am besten auf das Kloster vorbereiten kann, denn jetzt wäre es womöglich "zu schwer" für mich.
Das Leben auf der Farm bestand in den letzten Tagen natürlich nicht nur aus Arbeit. Alles ist hier sehr genau durchstrukturiert, wie ich schon letztens geschrieben habe, und auch Entspannungszeiten gehören zum Tagesprogramm. Konkret sind die Tage so: 6:30 aufstehen, 6:45 Yoga bis 8, dann Frühstück in der Stille (kein reden), alle sitzen auf Kissen auf dem Boden in eine Richtung ausgerichtet. 9 bis 12 Uhr Arbeit, 12 Uhr Mittagessen (reden nur beim Frühstück verboten), Abwasch/ putzen, bis ca. 15:30 Freizeit, dann wieder Arbeit bis ca. 16/17:30 (aber nicht immer zwangsläufig, manchmal freiwillig ), 18 Uhr Abendessen, Abwasch, 20 Uhr Gruppenmeditation und anschließend ein Vortrag von Pi Nan oder eine Diskussion über den Buddhismus, und um 21 fallen alle müde und erschöpft ins Bett. Jeder Tag ist so, und doch ist jeder Tag irgendwie anders. Hier gehen täglich Volunteers weg und Neue kommen dazu. Wir sind immer etwa 20. Alle sind größtenteils in meinem Alter, kommen aus aller Welt und es ist spannend, jeden kennenzulernen. Viele Bekanntschaften sind sehr oberflächlich, aber es ist auch schwer zu vertiefen bei dem ganzen Kommen und Gehen. Trotzdem besteht zwischen allen augenblicklich eine freundschaftliche, warme Atmosphäre. Sobald jemand neues ankommt, wird er mit offenen Armen aufgenommen und integriert. Wir sind hier wie eine große Familie, dessen Konstellation sich täglich ändert. Ich habe mich an das Kommen und Gehen der Leute gewöhnt und finde es wirklich, wirklich schön hier. Auch die härteste Arbeit bekommt durch diese Leute einen positiven Beigeschmack und ist weniger hart.
Jetzt habe ich also noch ein paar Tage nur für mich an diesem magischen Ort und möchte das meiste da rausholen. Ich arbeite viel an meinem Körper und an meinem Geist. Und ich merke, wie mich manchmal wieder ein tiefes Glücksgefühl überkommt. Es ist doch nicht so schlecht gewesen, dass ich den Fehler mit dem Kloster gemacht habe und meinen Plan ändern musste. Vielleicht sollte es genau so sein, damit ich zu diesem Ort finde. Schicksal und so.

Fotos:

Mindful Farm
Kleiner Meditationstempel
Sicht von dort aus bei Sonnenaufgang
Umgebung der Farm
Mindful Farm, hinten ist mein Schlafgemach
Gemeinschaftsbereich - hier wird gegessen und gemeinsam meditiert
Toilettenhäuschen
Die Häuschen der Farm stehen sehr vereinzelt in so einer Landschaft
Rechts: Küche, links: Bad
Küche und Waschbereich
Der Tempel auf dem Damm. Dort mache ich mein morgendliches Sportprogramm
Auf dem Damm
Aussicht vom Damm. Dort ist eine Baustelle
Nachbarfeld der Farm, Bohnen und Erdnüsse pflanzen
Knoblauchernte
Knoblauchernte
Knoblauchernte Part 2: Knoblauch zusammenbinden
Vorbereitung für das Kunstprojekt in der Dorfschule. Ja, die Schule besteht nur aus deisem offenen "Kasten"
Durchführung des Kunstprojekts

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